Diese Frage kennen wir als Neurodermitiker alle. Und meistens fühlt sie sich ein bisschen so an wie "Die Wahl haben zwischen Pest oder Cholera" oder "Vom Regen in die Traufe". 😑 Also nicht gerade toll.
Zuerst noch ein Disclaimer: Ich schreibe im folgenden Text über meine persönliche Erfahrung mit Kortison und erläutere meine Meinung dazu. Für medizinische Fragen zur Neurodermitis geh bitte zu deinem Hautarzt.
Neurodermitis als Kampf
Am Anfang meiner "Neurodermitis-Karriere" musste ich mir die Frage "Kortison - Ja oder Nein?" nicht selbst stellen. Ich war ja noch ein Kind. Erst ab 18 hab ich angefangen, darüber nachzudenken und nachzulesen. Und da kam erst mal eher nur das Negative bei mir an, sprich die Nebenwirkungen: dünne Haut, Anfälligkeit gegen Herpes, aufgedunsenes Gesicht.
Daher habe ich in meinen 20ern versucht, ohne Kortison auszukommen. Das lief dann meist so, dass es eine Zeitlang ganz ok war. Aber nur bis der nächste Schub kam. Dann spitzte sich die Situation zu und endete meist in einem regelrechten Kampf: Johanna vs. Neurodermitis. Wer hält länger durch?
Am Ende bin ich dann doch immer wieder zum Arzt und hab mir eine Dosis geholt.
Ah, welche Erleichterung! Endlich wieder schlafen. Endlich wieder ohne rotes Gesicht rausgehen. Endlich ein bisschen Ruhe vom Juckreiz.
Wenn's mir wieder besser ging, hab ich einen neuen Versuch gestartet, ohne Kortison auszukommen. Dann ging das ganze wieder von vorne los...
Irgendwann hab ich dann aufgegeben und Kortison war mein ständiger Begleiter. Andere stellen sich beim Verlassen der Wohnung die Frage "Hab ich den Schlüssel eh dabei?" Bei mir gab's immer auch den Zusatz "Und die Kortiso-Salbe?"
Heißt das nun, ich bin pro Kortison? Ums mit der Band Fettes Brot zu sagen: "Jein".
So einfach ist die Sache wieder mal nicht 😉.
Ein bisschen Tacheles 😘
Ich hab lang versucht, Kortison als Heilmittel gegen Neurodermitis einzusetzen. Dahinter stand der Wunsch: ich schmier das auf meine Haut und dann ist alles wieder gut. Das funktioniert so aber nicht. Das kann gar nicht so funktionieren. Man kann bei Neurodermitis nicht einfach eine Salbe drauf schmieren, ansonsten aber nix an seiner Lebensweise ändern, und dann erwarten, dass man gesund wird. Das wäre so, als ob ein Fettleibiger sich einer Magenverkleinerung unterziehen würde, ansonsten aber einfach in gleicher Art und Menge weiter isst und weiterhin keine Bewegung macht. Oder als ob jemand nach einem Herzinfarkt und Herzoperation einfach seinen ungesunden Lebensstil fortführt.
Sorry, aber so läuft das bei so einer komplexen Krankheit wie Neurodermitis nicht.
Ja, das ist erstmal schwer zu akzeptieren. Vielleicht meldet sich jetzt deine innere Stimme und flüstert: "Aber ich mach doch eh schon so viel. Was soll ich noch alles machen!!?"
Das verstehe ich gut. Mir ging es ganz genau so.
Aber die Erkenntnis, das Kortison kein Wundermittel ist, ist auch eine Chance. Darüber nachzudenken welche Dinge es in deinem Leben gibt, die dir insgeheim nicht gut tun. Vielleicht machst du eine Arbeit, die du so eigentlich nie wolltest? Oder du orientierst dich ständig am Gegenüber und hast verlernt, auf deine eigenen Bedürfnisse zu achten? Oder du bist in negativen Gedankenspralen gefangen, darüber, was du hättest besser machen können oder was in Zukunft alles passieren könnte?
Solche Fragen haben mir dabei geholfen, gesund zu werden.
Mein Fazit
Ich hab die Frage aus dem Titel für mich so beantwortet: Kortison - Ja, zur Linderung der Symptome und um sich selbst eine Verschnaufpause zu geben. Gleichzeitig darf man die Symptomfreie Zeit nutzen für die eigentliche Arbeit an der Heilung.
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